Wie ich zu meiner Kantele kam
ich habe mir vor längerem ein Märchenbuch mit Märchen aus der Ukraine gekauft – die Sonnenrose – und als ich da im Spätherbst wieder einmal blätterte entdeckte ich ein Märchen über ein Wunderinstrument – das Märchen gefiehl mir – das Wunderinstrument… ich suchte es im Internet:
Dort stand: Eine Gusli ist eine griffbrettlose Kastenzither!
– Wikipedia weiß da noch ein bisschen mehr und ich schaute wo ich wohl so etwas oder etwas ähnliches finden könnte… und wurde in Salzburg bei Franz Bauer fündig! Er baut zwar keine Guslis, aber Kantelen, neben vielen anderen wunderbaren Instrumenen (Harfen, Musik-Gameboys, usw…)
Seither übe ich jeden Tag ein paar Minuten auf meinem neuen Instrument und es wird schon… 😉
Das Märchen von der Wundergusli im Orignal möchte ich euch hier nun zur Verfügung stellen! Viel Freude!
Die Wunder-Gusli
Es war einmal ein Müller, der hatte einen Mühlknecht. Fleißig ging er dem Müller zur Hand. Und als er ihm drei Jahre lang gedient hatte, sprach er: „Meister, gebt mir ein Zehrgeld, ich will in meine Heimat ziehen.“
„Geld besitze ich nicht“, antwortete der Müller, „aber ich will dir eine Gusli geben. Wenn du auf ihr spielst, wirst du Wunder über Wunder erleben.“ Der Müller verstand sich nämlich aufs Zaubern.
Der Bursche nahm die Gusli und machte sich auf den Weg. Er wanderte fürbaß, und als er durch einen Wald kam, wurde er von Räubern überfallen.
„Wohin so eilig, Weißmüller?“ fragten sie.
„In die Heimat“, entgegnete er.
„Gib dein Geld her. Wenn nicht, bist du des Todes.“
„Ich habe kein Geld, wohl aber eine Gusli. Wenn ich auf ihr spiele, werdet ihr Wunder über Wunder erleben.“
„Nun, dann spiel.“
Der Mühlknecht hub an zu spielen, da mussten die Räuber tanzen und konnten nicht wieder aufhören.
„Ach, lieber Weißmüller, halt ein, halt ein, wir geben dir auch einen Sack voll Gold.“
Da hörte der Mühlknecht auf zu spielen, und die Räuber brachten ihm einen großen Sack voll Gold. Den nahm der Mühlknecht, setzte seinen Weg fort und gelangte auch wohlbehalten in seine Heimat.
Die Räuber aber sprachen zueinander: „Ei, was waren wir doch für Dummköpfe! Das Herz haben wir uns nahezu aus dem Leib getanzt und dem Burschen dafür noch einen Sack voll Gold gegeben!“
Und ein Räuber machte sich auf, den Mühlknecht zu suchen. Als er erkundet hatte, wo jener zu Hause war, ging er vor Gericht und sagte zum Richter: „Der Weißmüller hat mir einen Sack voll Gold gestohlen.“
Flugs rief der Richter die Büttel herbei und befahl ihnen, den Mühlknecht zu fangen. Die Büttel durchsuchten alle Gassen, bis sie den Mühlknecht fanden, und dann brachten sie ihn vor den Richter.
„Hast du einen Sack voll Gold gestohlen?“ fragte ihn der Richter.
„Nein“, erwiderte der Mühlknecht. „Den haben mir die Räuber geschenkt.“
„Das ist die Unwahrheit“, sagte der Richter. „Räuber verschenken kein Gold, im Gegenteil, sie nehmen es den Leuten weg. Du musst gehängt werden.“
Mitten im Dorf wurde ein Galgen errichtet, und das Volk strömte zuhauf, um zuzuschauen, wie man den Mühlknecht hängte. Der aber sprach: „Gute Leute, erlaubt mir, ein letztes Mal auf meiner Gusli zu spielen.“
„Weh und ach!“ schrie da der Räuber. „Verbietet ihm das!“
„Nein“, antwortete der Richter, „seinen letzten Wunsch müssen wir erfüllen.“
Und als der Mühlknecht auf der Gusli zu spielen anhob, musste ein jeder tanzen, selbst alle Katzen und Hunde. Er aber spielte so lange fort, bis der Räuber eingestand, dass er ihm in Wahrheit den Sack voll Gold geschenkt hatte.
Da ward der Mühlknecht freigelassen und der Räuber gehängt.
Märchen aus der Ukraine
Aus dem Buch “Die Sonnenrose” Übersetzt von Lieselotte Remané
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